Russisch kochen

Leckere Rezepte aus der russischen Küche mit Fotos

Russland ist die Heimat von Pfannkuchen

Russland ist die Heimat von Pfannkuchen

Wie Anton Pawlowitsch Tschechow behauptet hat, wenn wir bis jetzt keine wissenschaftliche Arbeiten über Pfannkuchen haben, so klärt es sich einfach dadurch, dass es viel leichter ist, Pfannkuchen zu essen, als den Kopf darüber zu zerbrechen … Also, im Gegensatz zu den Gelehrten haben die Dichter den Pfannkuchen besungen: «Sie bewahrten im friedlichen Leben die Gewohnheiten der netten alten Zeit: sie hatten in der Fastnachtswoche fettige russische Pfannkuchen“ ….

Die Pfannkuchen leben schon mehr als tausend Jahre, ihr Lebensweg hat, nach Tschechows Meinung, «mit dem so genannten altslawischen ab ovo angefangen…». Sie sind vor der Geburt der russischen Literatur und der Geschichte geboren und natürlich vor dem Erwachen der nationalen und sozialen Identität. Altrussisches Wort „blin“ («блинъ») geht auf das altertümlichere Wort „mlin“ («млинъ») zurück, und von hier aus ist es ganz nahe bis zum Wort „mahlen“, es ist nämlich nicht genau bekannt, was – Mehl mahlen oder Unsinn reden? Der Prozess der Bekanntmachung mit Pfannkuchen ist in Russland sehr organisch stattgefunden. Nur eins ist vielleicht der Bedeutsamkeit nach damit zu vergleichen: der Samowar, der, wie auch Pfannkuchen, nach der Bemerkung von Anton Pawlowitsch, mit «den russischen Köpfen» erdacht ist. Kein Wunder, dass man in den meisten Restaurants der Welt Pfannkuchen mit dem uns verständlichen Wort „blini“ nennt.

Die Pfannkuchen gehören unbedingt zur Fastnachtswoche. So war es nicht immer, zuerst dienten als Symbol des Feiertages Käsekuchen mit Käse und Krausgebäck.

In der Fastnachtswoche wurde Pfannkuchenteig gemacht verschiedene Rituale beachtend. In einigen Orten gab man beim Mondaufgang in den Teig Schnee, in anderen wartete man, wann die Sterne am Himmel erscheinen werden. Dann wurde der erste Vorteig gemacht. An weiteren Orten gingen die Hauswirtinnen am Abend hinaus den Sauerteig am Fluss, am See oder am Brunnen zuzubereiten. Manchmal stellte man den ersten Pfannkuchen auf das Fenster, manchmal wurde er den Bettelarmen zum Gedenken der Verstorbenen gegeben. Überhaupt galt der ganze Prozess der Pfannkuchenzubereitung als Sakrament, und die Hauswirtinnen bereiteten Pfannkuchen heimlich von allen Familienmitgliedern und natürlich von Fremden zu.

Für die Mitglieder des zaristischen Familie Romanow wurden Pfannkuchen in der Fastnachtswoche ganz anders zubereitet.

Historiker Konstantin Goschew erzählt, dass Pfannkuchenverkäufer und Pfannkuchenverkäuferinnen in alter Zeit durch Moskauer Obshorny Rjad (zwischen dem Ilinski Tor und dem Wladimirer Tor) mit hölzernen Schalen liefen. Darauf standen Sbiten (сбитень) und ein Stapel von dampfenden Pfannkuchen, von denen aufregender Geruch stieg. Dort war auch ein Kännchen mit geschmolzener Butter oder Öl und eine Dose mit Krümelzucker. Natürlich wurden die Pfannkuchen in der Fastenzeit mit Pflanzenöl beschmiert, an anderen Tagen – mit geschmolzener Butter. Der beliebige Pfannkuchen kostete eine Kopeke.

Und so beschreibt Iwan Schmelew im Roman „Sommer des Herrn“ das Essen in der Fastenzeit. „Zwei Köchinnen kommen mit Pfannkuchen nicht zurecht. Auf Pfannen, so groß wie Teller, werden „schwarze“ Pfannkuchen gebraten. Man legt gebräunte Buchweizenpfannkuchen in Stapeln und der geschickte Vorarbeiter Proshin, mit einem Ohrring im Ohr, klatscht sie auf den Tisch, wie auf eine Glatze. Man kann einen saftigen Klatsch hören! Allen der Reihe nach: klitsch, klatsch, klitsch, klatsch! Dampf steigt von den Pfannkuchen hinauf. Ich schaue von der Tür aus, wie man sie vierfach zusammenfaltet, in den Näpfen in heiße Butter taucht und schwappt. Dampf stürzt aus den Münden, von den Köpfen…»

Aber Pfannkuchen sind nicht allein. Um sie herum sind «Fische, Kaviar in der Kristallschale, auf Eis, Renke in der Petersilie, roter Lachs, Lachs, weißer wie Perle Lachs mit grünen Gurkenaugen, Klumpen gepresste Kaviar und Käseblöcke, Knorpel von Stör im Essig, Vasen mit saurer Sahne, in denen aufrechte Löffel sind, rosa Butterdosen mit goldener siedender Butter auf den Herdringen, Karaffen, Flaschen».

Die Pfannkuchen sind tatsächlich weltweit bekannt und beliebt. Nach der alten Tradition bereiten viele Familien aus Lieges am Heiligen Abend „boukete“ – walisische Pfannkuchen aus Buchweizenmehl mit Rosinen oder geschnittenen Äpfeln, sie bestreuen es mit Zucker und essen, mit aufgewärmtem Wein nachspülend. Die Iren machen den Teig aus Milch, Eiern, Pflanzenöl und Mehl, Puderzucker, Rum, Gewürze, braten dünne Pfannkuchen, stapeln sie, bestreuen sie mit Zucker und legen dann mit Zitronenscheibchen um. In den holländischen Imbissstuben sind „pannekoeken“ – die Pfannkuchen mit Äpfeln, kandiertem Ingwer, Johannisbeeren, Schinken oder Käse populär. In England, wo Pfannkuchen, wie auch in Russland, mit der Fastnachtswoche verbunden sind, gibt es einen Volksbrauch – einen Pfannkuchen auf der Pfanne hinaufwerfen. An diesem spannenden Prozess nimmt die ganze Familie unbedingt teil. Die auf solche Weise zubereiteten und auf den Boden nicht gefallenen Pfannkuchen werden zum Nachtisch mit Zitrone und Zucker gegessen.

Pfannkuchen mit Erdbeeren und gezuckertes Kondensmilch

Aber die Liebe zu Pfannkuchen kann, wie jedes starke Gefühl, tragisch enden. Als Bestätigung kann der unerwartete Tod vom Tschechows Helden, Hofrat Podtykin, dienen: «Semen Petrowitsch riskierte die Finger zu verbrennen, packte aber die zwei oberen, die heißesten, und klatschte sie appetitlich auf seinen Teller. Die Pfannkuchen waren geröstet, porös, üppig, wie die Schulter eines Kaufmannstöchterchens…» Der arme Vielfresser «… rollte vergehend und erstickend die beiden Pfannkuchen in eine Röhre zusammen, trank mit Gefühl ein Glas Wodka schnatterte, öffnete den Mund …» Und plötzlich unterbricht der Autor heftig die Erzählung und ändert unerwartet die Inhaltslinie. „Aber da hatte er einen Schlaganfall …“ Es ist ein Tragisches, aber logisches Ende für einen Vielfresser! Nicht umsonst bereiteten erfahrene Fresser die Mägen auf die Fastnachtswoche speziell vor, worüber A.P.Tschechow schreibt: «Vor der Fastnachtswoche geh zum Meister und verzinne deinen Magen…»

… So ist er, seine Majestät, altertümlicher, aber auch gegenwärtiger, weicher, aber nicht immer guter, auf eine Pfanne fallender und abenteuersüchtiger Pfannkuchen. Sein Bild ist urwüchsig, sein Verhalten ist unberechenbar, außerdem ersten, der sich immer auf gleiche Weise benimmt – immer ist er ein Klumpen… Die Klassische Literatur kehrt zu diesem Thema zurück und wird zurückkehren, um die tiefen Geheimnisse des Pfannkuchens aufzudecken. In unserer Seele wecken die Motive der Pfannkuchen das helle Gefühl der Sättigung und Zufriedenheit.

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