Russisch kochen

Leckere Rezepte aus der russischen Küche mit Fotos

Russische Essgewohnheiten

Das Früstück (Sawtrak) ist reichhaltig und besteht in der Regel aus Tee, Kefir, Quark und saurer Sahne, mit Käse und Wurst belegtem Weiß- oder Schwarzbrot, gekochte oder Spiegeleier, leicht gewürzte Bockwürstchen und Buchweizenbrei (Kascha) mit Frikadellen oder Braten. Wenn es nicht, wie üblich, erst zwischen 10 und 13 Uhr eingenommen wird, folgt sogar noch ein zweites Frühstück. Das Mittagessen (Obed) findet traditionell findet traditionell spät statt, manchmal erst um 17 Uhr. Es setzt sich immer aus mehreren Gängen mit überschaubaren Portionen zusammen. Vielzahl und Aufwand des Menüs richten sich nach dem Rahmen: An Festtagen und am Wochenende sitzt man zuweilen stundenlang an der Tafel, in der Kantine muss es schneller gehen. Nach der klassischen Speisenfolge werden zuerst verschiedene Sakuski wie eingelegte Gemüse und Salate serviert, dann folgen eine warme Suppe und die Hauptmahlzeit mit Fisch, Fleisch oder Geflügel und einer Beilage aus Kartoffeln, Reis oder Gemüse. Als Dessert gibt es meist ein Kompott oder Eis und Tee oder Kaffee. Der Abendtee (Wetschernij Tschaj), in adeligen und bürgerlichen Kreisen des 19. Jahrhunderts fester Bestandteil des Tages, findet heute aus Zeitgründen nur am Wochenende statt. Zum Tee aus dem Samowar gibt es Gebäck und Pralinen. Das Abendessen (Ushin) zwischen 19 und 22 Uhr fällt bescheidener aus, besteht jedoch wie das Mittagessen aus mehreren Gängen wie Sakuski, Suppe, Haupt- und Nachspeise.

Auf dem Land versorgt sich die Bevölkerung Russlands mit Gemüse, Milch und Kartoffeln selbst. Brot hingegen wird fast nie zu Hause gebacken, sondern im Dorfladen gekauft. Während der sowjetrepublikanischen Zeit war die Lebensmittelversorgung in den Städten besser als in den Dörfern. In einem ländlichen Geschäft wäre beispielsweise eine Ananas nie zu finden gewesen.

Die Stadtbewohner frühstücken zu Hause. Das Frühstück ist für die Russen wichtig, wegen des anstregenden Klimas, langer Fahrtzeiten zur Arbeit (durchschnittlich eine Stunde) und fehlender Gelegenheiten, ein zweites Frühstück einzunehmen. Ein Sprichwort lautet: „Iss dein Frühstück selbst, teile das Mittagessen mit einem Freund und gib das Abendbrot an einen Feind ab.“ Man isst in der Firma zu Mittag, meist in einer Kantine, denn zum Mittagessen gehört zumindest eine warme Speise, die Suppe. Das Menü sieht gewöhnlich so aus: kleiner Mischsalat als Vorspeise, dünnflüssige Suppe (etwas Fleischbrühe mit Graupeneinlage), eine Frikadelle mit Salzkartoffeln, Kompott zum Nachtisch und selbstverständlich Brot. Schüler bekommen ein warmes Frühstück in der Schule. Im Kindergarten gibt es reichlich Kascha, eine traditionelle russische Kinderspeise, die, durch frisches Obst und Gemüse ergänzt, sehr bekömmlich und gesund ist. Das Abendessen ist kein „Abendbrot“. Belegtes Brot wäre für einen Russen als selbständige Mahlzeit undenkbar: Es muss ein warmes Gericht aus Fisch oder Fleisch mit Beilagen sein. Hatte man mittags keine Gelegenheit, Suppe zu essen, tut man es abends. Die übliche Teezeit kann an Werktagen im Kreis der Familie kaum eingehalten werden, man kocht Tee im Büro. Am Wochenende wird er unter Beigabe von Süßigkeiten getrunken, häufig lädt man dazu Gäste ein.

Einfach „essen gehen“ kenn man so gut wie gar nicht, es ist für normal verdienende Menschen zu teuer. In Moskau und St. Petersburg allerdings, wo das Großkapital zu Hause ist und Löhne und sonstige Einkommensquellen den Rubel rollen lassen, findet ein EU-Tourist immer das, was seinem Geschmack entspricht. Man kann sich die Speisen auch ins Haus bringen lassen, Lieferservices sind gut organisiert. In der Provinz aber ist das Angebot viel bescheidener. Selbst die Städter besitzen oft außerhalb der Stadt ein kleineres Grundstück, wo sie Kartoffeln anbauen und damit ihren Familienetat aufbessern.

Privat eingeladene Gäste müssen gut und viel essen, sonst nimmt man an, es schmecke ihnen nicht. „Kuschajte, kuschajte!“, hört man dann. Das heißt: „Greifen Sie zu, nehmen Sie, speisen Sie!“ Der russische Geschmack – und Magen – verträgt von seinen Lieblingsspeisen viel. Außerdem bereitet man bestimmte, täglich verzehrte Gerichte wie Kiselj, Pirogi, Warenje und Suppen oft auf Vorrat zu und nimmt bei einer Mahlzeit lediglich Teilmengen zu sich; der Rest verträgt eine gewisse Aufbewahrungszeit oder wird eingefroren.

Die Köchin gibt sich stets viel Mühe. Wenn Besuch kommt, wird das Beste auf den Tisch gebracht, sogar das, was die Familie selbst nur selten isst. Aber für einen Gast ist das Beste gerade gut genug. Bei größeren Feiern zu Hause müssen unbedingt Pirogi gebacken, Kaviar, Stör und Lachs besorgt werden; Wodka und Schampanskoje (Sekt) dürfen nicht fehlen. Die Russen besuchen einander oft ohne Voranmeldung. Wenn sie ein Anliegen haben, kommen sie einfach vorbei. Nicht jeder hat ein Telefon und so klingeln die Nachbarn gleich an der Tür. Sogar der Verwandte, der einige Tausend Kilometer entfernt wohnt, kann plötzlich vor der Tür stehen: „Habt ihr meinen Brief noch nicht bekommen?“ Sofort wird der Tisch gedeckt.

Wegen der beengten Wohnverhältnisse, aber auch aus traditioneller Gepflogenheit bewirtet man „gewöhnlichen“ Besuch in der Küche. Ein Esszimmer hat man oft nicht, in der Küche ist es gemütlich und alles zur Hand. In Russland mit seinen weiten Entfernungen und dem harten Klima muss einem Fremden unbedingt etwas zum Essen angeboten werden. Schon russische Volksmärchen berichteten: Auf der Suche nach seiner Frau Wassilisa kam Iwan Zarewitsch (der Zarensohn) in einen dichten Wald und sah ein Häuschen. Dort wohnte eine Hexe, Baba Jaga. Sie wetzte ihre Zähne. „He, du wackerer Jüngling! Was führt dich zu mir?“, fragte die Baba Jaga. „Du, altes Weibstück! Bewirte mich vorher mit Speis und Trank und führe mich in die Badestube, dann kannst mich fragen!“ Nun tat die Baba Jaga, was der Brauch verlangte, hörte sich die Geschichte des Iwan Zarewitsch an und half ihm schließlich anstatt ihn zu fressen…

Der Gast wird nicht nur zum Essen animiert, er soll auch gut trinken. Eine Ablehnung würde den Gastgeber beleidigen, er könnte annehmen, man achte ihn nicht genügend. Das gemeinsame Wodkatrinken hat bei Männern eine fast sakrale Bedeutung und verpflichtet zu einem besonders persönlichen Verhältnis. Wenn man nicht trinken will, ist viel Takt vonnöten. Am besten erfindet man eine medizinische Ausrede wie zu hohen Blutdruck…

Die enorme Diskrepanz, die in den letzten zehn Jahren zwischen den neuen Reichen und den Armen entstand, zeigt sich in erster Linie in der Ernährung. Während die Ersteren nicht mehr wissen, welche Delikatessen sie noch probieren könnten, sparen die anderen jeden Rubel und ernähren sich hauptsächlich mit Kohlenhydraten (Brot, Nudeln, Getreidekörner).

Auf jeden Fall ist es ein wunderbares Erlebnis, an einer festlichen russischen Tafel zu sitzen. Besonders als willkommener Gast, weil ein unwillkommener Gast, wie ein russisches Wort behauptet, „schlimmer als ein Tatare“ ist, also, schlimmer als ein Feind, ein Eindringling.

Quelle: mixmarkt.de

Schreibe einen Kommentar