Russisch kochen

Leckere Rezepte aus der russischen Küche mit Fotos

Russischer Wodka – Wahrheit und Brauch des russischen Nationalgetränks

„Wodka ist ein Schöpfer“, sagen die einen. Mit ihm entwickelten sich Glasindustrie Gießereien, mit den Steuereinnahmen aus dem Wodkaverkauf wurde der Bau von Straßen und Fabriken finanziert. Wodka besiegelte internationale Verträge über den Frieden. Wodka macht Leute fröhlich, offener, gütiger und hilft, die Liebe zu gestehen. Reich ist die russische Geschichte an großen Ereignissen, und nicht selten war Wodka Teilhaber an bedeutenden Entdeckungen und Heldentaten. Unbestritten ist aber Wodka auch ein großer Zerstörer. Er lässt kluge Leute verdummen, bringt Familien auseinander und Verbrechen hervor. So wird Wodka in Russland auch „Satansgetränk“ gennant, weil ihn seit jeher Angst und Elend begleiten und durch ihn friedfertige Menschen außer Kontrolle geraten.

Wodka tauchte 1386 erstmals in Chroniken auf, aber nicht als Getränk, sondern als Arznei: „Man gebe auf die ausgedrückte Wunde Wodka, um den Brand zu verhindern.“ Am Hofe Ivan Grosnyjs, des „Schrecklichen“, galt Wodka als zeremonielles Getränk und „russische Waffe“, mit der man ausländische Gesandte bei Verträgen milde und nachgiebig stimmen konnte. Im 16. Jahrhundert griff die Trunksucht stark um sich, und selbst Mönche sollen ein liederliches Leben geführt haben.

„Wodka fehlt mehr Kerle, denn der Feinde Kugeln“, klagte schon Peter der Große – und begann den Tag mit einem Viertelliter des Schnapses, gewürzt mit schwarzem Pfeffer. Wem er gewogen war, der dürfte mittrinken. Peter versetzte mit seiner Trinkfestigkeit allen in Furcht und Erstaunen. Er schuf ein Netz stattlicher Wodkamanufakturen und Schänken, deren Erlös in den Flottenbau und den Krieg gegen Schweden floss. Im 18. Jahrhundert ging die Bezeichnung Wodka, die so viel wie „Wässerchen“ bedeutet, in den allgemeinen Sprachgebrauch über. Wodka war, ist und bleibt der Russen Lebenselixier in guten wie in schlechten Tagen und er ist bis heute Garantie für die einzige krisensichere Branche im Land.

Nach der offiziellen Statistik geben die Russen 8,8 Prozent ihres Einkommens für Wodka aus. Im Durchschnitt trinkt nach Informationen des russischen Wirtschaftsministeriums jeder Russe jährlich neun Liter legalen Wodka, Suchtverbände sprechen von mehr als dem Doppelten. 120 Wodkafabriken produzieren 150 verschiedene Marken des Hochprozentigen, aber nur zehn Brennereien verwenden nur beste Rohstoffe, also allein Roggen, Weizen und Hefe, für kristallenen, fuselfreien Wodka höchster Qualität von mindestens 40 Volumenprozent Alkohol. Auf dem Land brennen die Russen ihren bis zu 70-prozentigen Wodka indes selbst – aus Zucker, Korn und Kartoffeln. Er kommt vor allem bei Taufen, Hochzeiten und Begräbnissen auf den Tisch. So reicht das Angebot vom Edelwodka bis zum Selbstgebrannten (Samogon).

Für beiden Arten setzt man Getreide in warmem Wasser an. Sobald das Korn aufgekeimt ist, wird es getrocknet und gemahlen. Das Mehl kommt unter ständigem Rühren in kochendes Wasser, bis es sämig ist. Zehn bis zwölf Stunden muss diese Maische nun abgedeckt ruhe. Bei Zimmertemperatur wird Hefe zugegeben. Der Ansatz gärt fünf Tage, denn man sagt, Eile schade dem Wodka. Nach der Ruhezeit wird der Sud erhitzt, wobei der Alkohol aufsteigt, im Schlangenrohr abkühlt, aufgefangen und durch Aktivkohle gefiltert wird.

Die Mehrheit der Russen liebt reinen Wodka, nur wenige mögen auch aromatisierte Wodkas wie „Perzowka“ mit Peperoni oder Wodka mit Zitrone, Beeren und Kräutern. In Welikij Ustjug, der Heimat des Russischen Weihnachtsmannes, bietet die dort ansässige Likör- und Wodkafabrik den Wodka „Ded Moros“ („Väterchen Frost“) sogar mit dem Geschmack frischer Fichtennadeln an.

Trinksprüche gehören in Russland ebenso wie die kleine Sakuska (Snack) zur Wodkakultur ein herzhafter Biss in eine Zwiebel, in eine saure Gurke, in ein Stückchen schwarzes Brot mit einer Scheibe Speck oder in den beliebten Wobla, den Dörrfisch. So genießt man Wodka oft bereits vor den Hauptgängen.

Das Magazin „Russkaja Wodka“ („Russischer Wodka“) empfiehlt: „Trinke Wodka bis zum 50. Lebensjahr, danach Bier, aber vergiss nicht die alten Bräuche“. So ruft die Gesellschaft bei einer Hochzeit „gorko!“ („bitter“), worauf die Gläser erhoben werden und das Paar sich küssen muss, um den Gästen bittere Speisen zu versüßen. Werden die Gläser gegen die Wand geworfen, bringt das den Jungvermählten Glück. Und beim Abschied auf dem Bahnhof schleudert man Wodkagläser unter den anrollenden Zug für eine glückliche Reise. An Gräbern wird auf das Wohl der Verstorbenen getrunken – aber niemals angestoßen.

Wodka als raffiniertes Hausmittel

Russen trinken Wodka, der in Restaurants und Bars immer Gramweise bestellt wird, zumeist pur. Jedoch werden aus dem „Wässerchen“, zusammen mit Kräutern oder Früchten, auch Liköre und Wunderelixiere gebraut. Ein Umschlag mit Wodka auf der Brust ist seit jeher Russlands Hausmittel gegen Grippe, und um den Hals wirkt er gegen Angina. Hochprozentiger Wodka (60 bis 70 Volumenprozent) wird äußerlich zur Wunddesinfektion angewandt.

Achtung! Alkohol schadet der Gesundheit, bitte bewusst genießen.